Wolke 4
Erst natürlich Wolke 7, irgendwann wird es zur Wolke 4 und wer das nicht bemerkt kommt von dem Boden der Tatsachen auch ganz schnell in seine persönliche Hölle.
Ich habe mir jetzt einige Erfahrungsberichte durchgelesen und finde es bemerkenswert, wie ausgeglichen von absolutem Hass bis zur totalen Euphorie hier berichtet wird.
Ich selbst hab mit 16 mal iwann angefangen zu kiffen, nach nicht allzu langer Zeit kamen Teile und Speed dazu, allerdings immer nur am Wochenende, dass allerdings auch in einem Grad, dass ich mich zwar sehr gut an die erste Begeisterung erinnern kann, genau so gut aber auch an das runterkommen und ab irgendeinem Zeitpunkt hat einfach das negative Gefühl des runterkommens derart überwogen, dass mich der Konsum in keinster Weise mehr angemacht hat. Ein paar Jahre später, habe ich von einem auf den anderen Tag auf das Kiffen gelassen, und das trotz täglichem massiven Konsum. Auch da war mir mein Geld irgendwann zu schade, um mein Leben zu verschlafen.
Viele, viele Jahre später, bin ich in einen beruflichen Zweig gerutscht, in dem Konsum eigentlich Usus ist (ja, die gibt es und ich meine damit nicht das Rotlichtmilleu) und genau da bin ich wieder in den Kontakt gekommen und habe auch zum ersten Mal Kokain konsumiert.
Für alle, die diesen Bericht lesen, die genau wie ich, vorher immer neugierig sind und sich auf der sicheren Seite fühlen, wenn sie alles mögliche zum geplanten Konsum vorher recherchieren, lasst es mich so erklären:
Wenn du das erste Mal in deinem Leben Koks zu dir nimmst, dann weckst du etwas in dir, von dem du vorher nicht wusstest, das es das gibt. Es ist wie der Teufel auf der linken Schulter, von dem Song Jein, oder das kleine Rumpelstilzchen im Wald (sry, für die Verniedlichung, ich bin ne Frau J) und dieses kleine Männchen wird dich nie wieder verlassen. Überlege dir also vorher gut, ob du das in Kauf nehmen willst.
Ich selbst gehöre offensichtlich nicht zu den besonders suchtgefährdeten Menschen, ich bin zwar manisch veranlagt und übertreibe alles was ich einmal anfange masslos, aber nur bis zu einem gewissen Grad, dann verliert sich meine Aufmerksamkeit. Das Koks Männchen allerdings, das sitzt immer auf meiner Schulter, besonders, wenn ich getrunken habe und ich vermute, es wird auch immer da sitzen bleiben, seitdem ich ihm durch die erste Nase den Platz angeboten habe.
Der Konsum selbst war für mich als Frau nicht besonders überwältigend. Nix was mich so geflasht hat, wie zum Beispiel mein erster Joint oder mein erstes Teil… Und ich kann versichern, dass es nicht an der Reinheit oder Konzentration lag, ich hab auch diverse Quellen in ganz Europa probiert, einfach weil der Kick mich als solches nicht anmacht. Gesteigerte Lust auf Sex hab ich am meisten nach Speed und das erhöhte Selbstbewusstein? Ja, das hatte ich, allerdings immer in Verbindung mit Übermässigem Alkoholkonsum. Und diese Kombination artet irgendwann aus. Und das ist vermutlich untertrieben, du bewegst dich da in einem Teufelskreislauf, du säufst, ziehst dich nüchtern, säufst, ziehst, säufst, bis dir das Zeug ausgeht, oder dir einfällt das du in 3 Stunden arbeiten musst…
Der Kater am nächsten Tag ist nicht so schlimm, kommt mir zumindest so vor und du hast nicht die Einschlafprobleme wie zB bei Pep o.ä. aber der finanzielle Faktor ist natürlich enorm, da Koks selbst nicht günstig ist und du quasi endlos saufen kannst.
Und während du noch rechnest, was du gestern auf der Piste alles ausgegeben hast, fragt dich schon das kleine Monster auf der Schulter, was du heute abend so geplant hast. Die beste Bezeichnung für dieses Gefühl ist Gier.
Aber das ist nicht alles. Abgesehen davon, wie viel hart erarbeitetes Geld du auf der Strecke lässt, die Partys werden zwar cooler, aber der ganze Alkoholkonsum vernebelt dein Gehirn, du kannst dich an immer weniger vom Abend zuvor erinnern. Es fängt ganz langsam an, hier und da eine Lücke, irgendwann kannst du dich an den Beginn eines interessanten Gesprächs erinnern und du würdest so gerne den weiteren Verlauf wissen, und obwohl du dabei warst, du weisst es nicht mehr.
Manchmal stellst du jemandem eine Frage, die du dich nüchtern nie trauen würdest, und du weisst am nächsten Tag noch, dass du die Frage gestellt hast, aber du weisst die Antwort nicht mehr. Das macht dich wahnsinnig. Obwohl du glaubst das du alles im Griff hast, du gehst arbeiten, du hast genug Geld, du kannst es dir leisten… Aber während du über die Antwort auf deine Frage nachdenkst, fragt dich das kleine Monster auf deiner Schulter schon, was du heute abend machst….
Ich bin keine Heilige und ich werde niemandem mit erhobenen Finger mahnen, ich konsumiere selbst immer mal hier und da, mit grösseren und kleineren Pausen und ich kann auch nein sagen, zu fast allem, aber das kleine Männchen sitzt immer auf meiner Schulter und es ist das einzige von allem, dem ich nach 3 Glas Bier (ersetze wahlweise durch Wein oder Longdrink) fast immer ja sagen würde, weil diese Gier, einmal in dir geweckt, dich nie mehr verlässt.
Und das ist eigentlich das tragische an der Geschichte. Ich weiss, dass ich immer die Wahl habe und wenn ich mir Sorgen um mich mache, dann bewege ich mich einfach mal ein Jahr in einem Umfeld, in dem ich gar nichts damit zu tun habe, aber wenn ich damals alles gewusst hätte, ich hätte das Männchen nicht auf meine Schultern gesetzt, besonders für das, was du im Gegenzug für den Stammplatz von ihm bekommst.
Abgesehen von dem finanziellen Aufwand, der in keiner Relation zu dem steht, was du von anderen viel günstigeren und auch gesundheitlich nicht so schädlichen Substanzen bekommen kannst, finde ich, dass es dich auch Dauer kaputt macht. Du veränderst dich schleichend, ich habe bei keiner Droge jemals das Gefühl gehabt so egoistisch zu werden, wie auf Koks. Ich bin generell eher ein empathischer Mensch, der gerne gibt und der sich viele Gedanken um das Wohl anderer macht, aber das kippt bei Koks sehr schnell. Und leider muss ich auch rückblickend sagen, dass es auch sehr lange gedauert hat, bis mir das überhaupt aufgefallen ist.
Die Steigerung der Arroganz wie Ignoranz anderen Gegenüber, ist mir auch bei keinerlei regelmässigem Konsum so stark aufgefallen wie bei Koks, es ist drastisch, wie schnell man sein Umfeld nach Konsument und nicht Konsument kategorisiert und bei der Abendgestaltung hauptsächlich den eigenen Konsumfakor die Entscheidungsfindung übernehmen lässt. (Woah, schwierige Satzbildung, hoffe ihr kommt mit).
Zum Thema Aggressivität kann ich nur folgendes beitragen: Ich bin körperlich null aggressiv, antiautoritär erzogen, gute Schulbildung und generell mit dem Erziehungsmotiv, dass mentale Überlegenheit über körperlicher steht. Abgesehen davon bin ich ne eher zierliche blonde Frau, die vermutlich mehr lieb ausschaut, deswegen hab ich auch in meinem ganzen Leben ganz selten Erfahrungen mit Aggression gehabt, weder mit fremder noch eigener.
Aber man fängt schon an, gewisse Wettstreite zu beginnen, oder welche zu sehen, wo keine sind, du fängst an dich überlegen zu fühlen, war bei mir übrigens auch nach dem runterkommen so. Du fängst unsinnige Diskussionen an, und geht es dir normalerweise darum, den anderen zu verstehen, dann ist irgendwann das einzige Ziel in einem Gespräch zu betonen, wie toll und wie überlegen du bist.
Du fängst an in Erzählungen zu übertreiben, erst machst du dich ein wenig größer als du bist, dann noch ein bisschen. Irgendwann sind deine Aussagen weit von der Wahrheit entfernt, aber das zählt nicht mehr. Weil du selbst in deinem Wahn zwar noch zwischen Realität und Fantasie unterscheiden kannst, aber die Unterscheidung als solche irgendwie irrelevant und völlig unwichtig für dich geworden ist.
Bei regelmässigem Konsum und damit meine ich nicht 3 Wochen am Stück, sondern weitaus weniger, verschwimmen irgendwann ganz langsam aber stetig die Grenzen zwischen deiner Gedankenwelt und der Realität. Ich hab mich schon ganz früh aus rein psychologischem Interesse, sehr viel mit individueller Wahrnehmung beschäftig und halte mich für einen sehr reflektierten Menschen, aber diese Verschiebung der Wahrnehmung ist so schleichend, das ich sehr lange gebraucht habe, um es überhaupt wahr zu nehmen. Zum einem, weil wie oben gesagt, die Erinnerung oft Lücken lässt, zum anderen schränkt man durch die Isolation von Nicht-Konsumenten, sein Blickfeld sehr ein.
Ich habe Menschen getroffen, die schon Jahre konsumieren. Menschen die man nur durch Koks überhaupt in sein Leben lässt. Mit einigen hätte ich niemals ein Wort gesprochen, aber wir hatten dieses eine gleiche Hobbie. Diese Menschen, jahrelange Dauerkonsumenten, sehr drauf, erzählen dir Geschichten, Geschichten die so weit weg von der Realität sind, dass du sauer wirst, weil sie dich anlügen. Weil sie dir einen Bären aufbinden.
Und irgendwann stellst du fest, dass sie gar nicht anders können. Sie haben keine Wahl, sie kennen den Unterschied zwischen ihrer Gedankenwelt, und der faktischen realen Welt nicht mehr. Und du hast Mitleid. Mit ihnen. Und irgendwann auch mit dir, weil du schon so weit drin bist, dass du das verstehen kannst, das du es nachfühlen kannst. Und wenn du schlau bist, dann hörst du spätestens genau an dieser Stelle auf.
Nun zum Fazit, für alle Pre-Erst-Konsumenten, die zu Informationszwecken auf diese Seite gekommen sind. Ich habe schon ein halbes Jahr durchgehend jeden Tag konsumiert, habe es wieder ein halbes Jahr gelassen, habe ökonomisch damit Kontakt gehabt (wer das nicht versteht, sollte es auch nicht verstehen ;-)), hab es gelassen, hab es genommen obwohl ich nicht wollte, aber letzten Endes muss ich sagen, cooler wär gewesen, wenn ich es nie gemacht hätte. Ich spar mir jetzt den erhobenen Finger, weil ihr kennt ja alle das Glashaussprichwort.
Aber wenn du auf diesen Beitrag gekommen bist, sei es aus Recherche Gründen, weil du es noch nie gemacht hast, weil du insgeheim Hilfe suchst oder weil du vielleicht das Gefühl hast, jemanden zu suchen, der dich versteht, dann denk immer dran. Alles was du tust ist deine eigene Entscheidung und du hast verdammt lange Zeit, dich aus der Spirale zu ziehen, damit meine ich auch schlicht und ergreifend Konfrontationsvermeidungstaktikten. Aber, vergiss nicht, du hast immer die Wahl. Auch beim ersten Mal.
Hoffe das euch dieser Bericht helfen konnte.
Substanzen
- Abhängigkeit / Sucht
- Kokain
Kommentare
Kommentar von Gast |
Danke
Danke
Kommentar von Gast |
Vielen Dank
Dein Bericht hat mir sehr geholfen Danke !
Kommentar von Gast |
du sprichst mir aus der seele
du sprichst mir aus der seele,1:1 meine wahrnemung und du bist soo aleine damit...
Kommentar von name |
Hhjh
es ist schwer zu begreifen was du mit diesem Männchen meinst wenn man so etwas nicht selbst erlebt. Ich habe auch so etwas ähnliches in meinem Kopf mit dem ich rede, mein Leben Plane und Entscheidungen treffe. Es entscheidet alles für aber größtenteils mit mir, aber ich bin der Meinung das es mich vollkommener macht als ich es war. Ich bin offener, (extrem!) selbstbewusst geworden und kann mir auf eine herzlich aggressive Art fast alles nehmen das ich will. (An das ich rankomme). Da es zu ausführlich wird und mein iPhone die nervige Autokorrektur hat mach ich hier einen cut. aufwiedeesehen Leute.
Kommentar von anna |
danke
Danke, sehr schœn geEinen Kommentar schreiben